15.08.2012

Planungsziel Zertifizierung

Die Nachhaltigkeit eines Gebäudes lässt sich heute sehr differenziert bestimmen

In den letzten Jahren sind weltweit verschiedene Systeme entwickelt worden, um die Nachhaltigkeit von Gebäuden messbar zu machen. In Deutschland hat sich das im Jahr 2009 eingeführte Zertifikat der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (DGNB e. V.) durchgesetzt. Es wird zu Recht als Gütesiegel der zweiten Generation bezeichnet, da es erstmals einen ganzheitlichen, lebenszyklusorientierten Ansatz verfolgt.

Neben den drei Säulen der Nachhaltigkeit (ökologische, ökonomische sowie soziokulturelle Qualität) bewertet das DGNB-Zertifikat zusätzlich die technische Qualität und die Prozessqualität. Erstere umfasst die technische Ausführung des Gebäudes, wozu zum Beispiel der Brand- und Schallschutz oder die bauphysikalische Qualität der Gebäudehülle gehören. Im Rahmen des Themenkomplexes Prozessqualität wird die Qualität der Planung und der Bauausführung beurteilt, was der besonderen Bedeutung des Prozessmanagements beim nachhaltigen Bauen Rechnung trägt. Die Gewichtung der Hauptkriteriengruppen verteilt sich dabei wie folgt:

Ökologische Qualität22,5 %
Ökonomische Qualität22,5 %
Soziokulturelle und funktionale Qualität22,5 %
Technische Qualität22,5 %
Prozessqualität10,0 %
 100,0 %

 

Die Standortqualität wird separat bewertet und als zusätzliche Information ausgewiesen.

Ausgehend vom Kernsystem existieren verschiedene Nutzungsprofile, die eine spezifische Betrachtung unterschiedlicher Gebäudetypologien ermöglichen, zum Beispiel Verwaltungsbauten, Bildungsbauten, Industriegebäude, Stadtquartiere, Krankenhaus- und Gesundheitseinrichtungen, Laborgebäude und einige mehr. Eine Zertifizierung ist je nach Erfüllungsgrad in den Kategorien Bronze, Silber oder Gold erreichbar. Für Bundesbauten gilt das Pendant zum DGNB-System, das „Bewertungssystem Nachhaltiges Bauen für Bundesgebäude“ (BNB), als verpflichtend.

Warum zertifizieren?

Anfänglich durch den Bund in seiner Vorbildfunktion forciert, sind heute auch zunehmend private Institutionen interessiert, ihre Immobilien zertifizieren zu lassen. Aufgrund des gewachsenen Nachhaltigkeitsbewusstseins in der Gesellschaft hat sich das Zertifikat inzwischen zu einem attraktiven Marketinginstrument für Investoren und Bauherren entwickelt. In Anbetracht der in jüngster Zeit etwas inflationären Verwendung des Begriffs Nachhaltigkeit zeigen sich als Stärke des DGNB Systems klar validierbare Nachhaltigkeitskriterien, so dass eine verlässliche Bewertung der Bauqualität möglich wird.

Die sechs Themenfelder des Nachhaltigen Bauens

Wann zertifizieren?

Eine angestrebte Zertifizierung darf kein Add-on sein, sondern sollte bereits fester Bestandteil einer gemeinsamen Zieldefinition sein, um ein optimales Ergebnis zu erreichen. So greift es zu kurz, im Wettbewerb ein hohes Zertifizierungsziel zu verlangen. Schon von der ersten Idee an müssen die Weichen richtig gestellt werden: So ist zum Beispiel die Standortwahl entscheidend für die Nutzbarkeit erneuerbarer Energien oder auch für die Möglichkeit der infrastrukturellen Anbindung. Bereits hier können Fehlentscheidungen dazu führen, dass die Grundparameter für ein hohes Zertifizierungsziel nicht gegeben sind. Der Bauherr muss deshalb in dieser frühen Phase systematisch unterstützt werden, um in der Komplexität der interdisziplinären Planung die richtigen Entscheidungen zu treffen.

Wir haben als Beratungstool und zur besseren Kommunikation mit dem Bauherrn einen Zeitstrahl entwickelt. Dieser verdeutlicht, dass eine nachhaltige Planung schon vor den klassischen Leistungsphasen nach HOAI ansetzen muss.

Wie setzen wir dies um?

Die integrale Planung ist eine wichtige Voraussetzung für einen erfolgreichen Projektverlauf – denn die einzelnen Fachdisziplinen wie Architektur, Haustechnik, Bauphysik oder Facility Management sind in sehr komplexen Abhängigkeiten miteinander verwoben. Das gut koordinierte Zusammenwirken aller Fachplaner im Sinne der Generalplanung macht diese Abhängigkeiten transparent und optimiert das Ineinandergreifen der Disziplinen.

Machbarkeitsstudien und Variantenvergleiche wie beim Institut für Geowissenschaften der Universität Münster und den Schulprojekten in Bad Bentheim sind gängige Instrumente auf dem Weg zu einer wirtschaftlichen Lösung. Der genaue Bedarf wird ermittelt, um exakt definierte Ziele vorgeben zu können. Die Erstellung von Konzepten und Nachweisen sichert die Erfassung der Komplexität und die Wechselwirkungen des nachhaltigen Bauens.

Wann lohnt sich eine Zertifizierung?

Grundsätzlich ist zu unterscheiden zwischen Investitionen in das Gebäude mit dem Ziel einer langfristigen Qualitätssteigerung und dem Aufwand für die eigentliche Zertifizierung. Letzterer ist abhängig von dem angestrebten Zertifizierungsziel. Aufwändige Dokumentationen und Nachweise verursachen Kosten, die extra zu vergüten sind. Sie sind aber eine wichtige Voraussetzung für Transparenz und Qualitätssicherung. Der Bauherr bekommt so nicht nur ein nachhaltiges Gebäude, welches über den gesamten Lebenszyklus optimiert ist, sondern auch den gewünschten offiziellen Nachweis.

Von besonderem Interesse kann eine Zertifizierung für Investoren sein, die über das Marketinginstrument Gütesiegel eine bessere Vermarktung ihrer Immobilie erreichen und sich Wettbewerbsvorteile sichern möchten. Auch für die Wertermittlung wird die Zertifizierung in Zukunft eine starke Rolle spielen. So steigert ein Zertifikat den Wert einer Immobilie nicht nur durch die bessere bauliche Qualität, sondern auch durch geringere Betriebskosten und damit höhere Erträge sowie durch ein verringertes Leerstandsrisiko aufgrund kürzerer Vermarktungszeiten.

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